Autor: wrwagner
Vom Lap Desk zum Laptop
Schreiben war schon früher nicht ausschließlich auf Wohnungen und Büros beschränkt. Seit dem 18. Jahrhundert führte man auf Reisen sein eigenes Schreibpult im Gepäck mit sich. Im Englischen sprach man von Lap Desks oder Writing Cabinets. Es handelte sich dabei um aufklappbare Holzkästen mit Fächern für Papier, Tinte, Schreibfedern, Federmesser, Siegellack und Streusand. Aufgeklappt erhielt man eine schräge Schreibunterlage. Lap Desks kamen seit der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts in England in Mode. Beliebt waren sie u. a. bei Offizieren. Berühmt wurde der nach Plänen von Thomas Jefferson gebaute Lap Desk, auf dem er 1776 in Philadelphia die Amerikanische Unabhängigkeitserklärung schrieb.
Eine Animation im Digitalen Museum des Betthoven-Haus in Bonn zeigt den Aufbau von Beethovens Reiseschreibpult.
Abb. Antique Lap Desk (frühes 19. Jahrhundert) – http://en.wikipedia.org/wiki/File:Antique_lap_desk_interior_view.JPG
Lesekultur – DIE ZEIT entwarnt – Aber???
Lesekultur: Hurra, wir lesen noch! Auch im Zeitalter des Internets werden wir nicht zu Analphabeten. Im Gegenteil: Ob Romane, E-Mails oder Blogs – wohl noch nie wurde so viel gelesen wie heute.
DIE ZEIT, Nr. 30/22.07.2010
ABER, was würden die Verteidiger der Lesekultur aus den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von dieser Entwarnung halten?
Wo ist das gemeinsame Lesen unter der Feierabendlampe geblieben? (1956)
Aber zum Lesen braucht man Zeit und Bereitschaft jenen aus dem Innern kommenden Impuls, der unmittelbar zum Lesen treibt. Aber dieses ursprüngliche Bedürfnis des Lesens, das ein Kennzeichen eines gesunden Kulturlebens ist, nimmt immer mehr ab. Die Jugend kennt ja gar nicht mehr jenes einmal so selbstverständlich gewesene Bildungsleben, als der Bücherschrank noch eine ehrfürchtig empfundene Weihe ausstrahlte und die ganze Familie lesend oder gemeinsam dem Vorleser lauschend sich unter dem trauten Schein der Feierabendlampe zusammenfand. So atmet die Jugend auch nicht mehr in jener Atmosphäre der Stille und des Einfachen, die so selbstverständlich zu dem verlorenen Bildungsleben gehörte, in der allein das sanfte Gesetz im Sinne Albert Stifters wirken kann und das in der Aussage des Dichters seine wirkende Gestalt findet. Man liest bestenfalls noch, um sich zu unterhalten, um sich von “den Nöten des Lebens”, vor seiner aufpeitschenden Betriebsamkeit in eine “milde Narkose” zu versetzen. Denn in der allgemeinen Hetzjagd verlor der Feierabend seinen bildenden Sinn, und man tauschte dafür die Gier nach Betrieb, nach Sensation um jeden Preis ein.
Erich Weißer: Die apädagogische Aufgabe des Jugendbuches im Massenzeitalter, in: Jugendschriften-Warte Nr. 10/1956
Abb. DIE ZEIT Nr. 52/1994, S. 1
War Micky Maus zersetzendes Werk erfolglos? (1959)
Vor uns liegt die Auseinandersetzung mit politischen und wirtschaftlichen Mächten. Wir werden unsere Existenz wohl nur sichern können, wenn wir mit unserer Leistung konkurrenzfähig bleiben wenn die Produkte unserer Arbeit sich den Ruf der Wertarbeit erhalten. Das wird nur möglich sein, wenn eine große Zahl
leistungsfähiger Arbeiter (im weitesten Sinne) nachwächst. Wir brauchen nur zum Osten zu schauen, um zu erkennen, daß ein Volk von Bildanalphabeten wenig Chancen für die Zukunft hat.
Vor fünf Jahren haben die Comics ihr zersetzendes Werk in Deutschland begonnen. Der EHAPA Verlag weist eine zersetzende Wirkung der Micky Maus zurück und beschränkt sie auf die Horror Comics. Es gibt nicht nur eine Zersetzung der Moral sondern auch eine Zersetzung der geistigen Leistungsfähigkeit – und diese ist nicht ungefährlicher. Ueber den Anteil der Comics an der Verdummung der Jugend ist an dieser Stelle mehrfach geschrieben worden. Es genügen daher einige Schlagworte: Reizüberflutung, Verhinderung einer echten Lesefähigkeit, d. h. einem Wortwerk den gemeinten Sinn entnehmen, Verkümmern der eigenen Vorstellungskräfte, Anhäufung von nicht verwendbaren unsinnigen Fantastereien, Einbruch in die Familie – in das gemeinsame Lesen, Geschmacksverbildung durch kitschige Bilder….
A. Köhlert: Micky Maus, in: Jugendschriften-Warte H.12/1959
Siehe dazu auch in diesem Blog den Beitrag: Die Lehrer von heute – Comic-Leser von damals? (1955)
Abb. „Feierabendtisch“ – DIE ZEIT Nr.52/1994, S.1
Abb. „Jungen an den Mülltonnen“ – Aus einer Diareihe der Landesmedienstelle Niedersachsen (ca. 1955) mit Zitat aus dem Begleittext
Ein Sommerlochbeitrag zur Entschleunigung
1887 – KRITIK AM STILLEN LESEN
Während heute nur noch in wenigen Situationen „laut gelesen“ wird, war dies bis ins 19. Jahrhundert hinein die übliche Form des Lesens. Noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts attackierte der einflussreiche Germanist Heinrich Rudolf Hildebrand* in seinem Buch „Vom deutschen Sprachunterricht in der Schule und von deutscher Erziehung und Bildung überhaupt“ das „stille Lesen“ oder „Augenlesen“ heftig:
„…dieß rasche Lesen, d.h. Durchjagen des Gedankens durch oder über eine Uebermenge von Einzelheiten, Begriffen, Vorstellungen, Gedankenverbindungen hin (um
von den Empfindungen nicht zu reden), dieß jagende Lesen macht ein reines Auffassen so zu sagen mechanisch unmöglich, denn die Anschauung und Empfindung, die doch allein die wirkliche Betheiligung des Geistes und der Seele bedingen und darstellen, können nicht folgen, weil sie ein Verweilen brauchen, sie ziehen sich erlahmend zurück, verkriechen sich in eine Art Schlummerzustand; wer so list, ist wie Einer, der mit dem Schnellzug z.B. durch einen schönen Wald fährt und dabei eigentlich weder vom Walde einen Begriff bekommt noch auch die Bäume wirklich sieht, es verschwimmt ihm Alles, das Ganze wie das Einzelne in wesenlosen Schatten. Das rasche Augenlesen hilft nebst anderen Einflüssen der Zeit unser gesundes Empfinden und Denken zernagen, an dem doch aller Fortschritt hängt, alle Rettung aus den schweren Gefahren unsrer Zeit. (Hildebrand 1887, S. 44 f.)
* Hildebrand (1824 – 1894) war Professor für Deutsche Sprache und Deutsche Literatur an der Leipziger Universität. Unter anderem arbeitete er seit 1852 am Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm mit, dessen Herausgabe er .nach dem Tod Jakob Grimms im Jahr 1863 übernahm.
Die Geschichte des Films beginnt vor dem Film!
Geht man bei Überlegungen zu Medien nicht von Technik im Sinne von Geräten und Apparatur aus, sondern hat die Medien als „Programme zur Aneignung von Welt“ im Blick, dann ergeben sich medienübergreifende Zusammenhänge, und es wird deutlich, dass die Medien als soziotechnische Systeme eine Vorgeschichte haben, ohne die sie nicht einzuordnen und zu verstehen sind. 
Nebelbilder (Dissolving views)
Nebelbilder werden in einem dunklen Raume auf einer weissen Fläche mittelst gewisser Apparate hervorgerufen.
Die nebelhafte Verschwommenheit, mit welcher jedes Bild zunächst erscheint, und mit welcher es auch, nachdem es sich auf kurze Zeit zu voller Klarheit entwickelt hat, allmälig wieder verschwindet, während gleichzeitig das folgende Bild hervortritt, gab denselben die Benennung, und gerade die Eigenthümlichkeit dieser Darstellungsweise bietet für Unterhaltung einen ungewöhnlichen Reiz.
Es wird wohl kaum Jemand geben, welchem derartige Vorführungen unbekannt wären, sei es auch nur aus dem einfachsten System – der gewöhnlichen Laterna
Magica…
Der Nebel-Bilder-Apparat besteht aus zwei solchen Laternen, jedoch selbstverständlich in verbessertem Linsensatze und Ausstattung. Zuweilen werden auch solche Apparate aus drei Laternen zusammengestellt und mit dem Namen „Agioskop“ bezeichnet.
Darstellung.
Ein Eisenbahnzug, eine Schlittenfahrt, Schiffe, eine Procession, Wolkengebilde, ein Mondaufgang u. s. w. — alles dies darf nicht ruckweise vorgeführt werden, sondern muss sich im Gleichmasse bewegen. Die Bilder sollen jeder Laterne genau angepasst sein, damit nicht, wenn z. B. in einem Bilde ein Brand dargestellt werden soll, dass Feuer auf ganz unpassender Stelle erscheint und nun sichtbar dem betreffenden Gebäude zugeschoben wird. Der Blitz, eine der wirkungsvollsten Darstellungen, wird am besten in der Weise gegeben, dass man beide der dabei angewandten Laternen öffnet, den Kopf der einen jedoch, in welcher das Bild des Blitzes befindlich mit der Hand bedeckt. Durch zitternde Bewegung der letztern, welche nur wenige Lichtstrahlen durchlässt, wird das Wetterleuchten täuschend nachgeahmt. Momentanes wegziehen der Hand lässt dann und wann den vollen Blitz durch. Dauert jedoch dieser Moment so lange, dass man die Umrisse des gemalten Blitzes deutlich erkennen kann, so ist alle Wirkung verloren.
Mittelst eines s. g. Agioskops oder dreifachen Nebel-Bilder-Apparates lassen sich einige Effecte noch erhöhen.
In einer Herbstlandschaft beginnt es zum Beispiel zu schneien. Allmälig lässt man die dritte Laterne, in welcher das Winterbild befindlich, und welches genau die Herbstlandschaft decken muss, öffnen, wodurch scheinbar Häuser und Landschaft sich mit Schnee bedecken.
Bei einem Brande, wo sich das rotirende Feuer in der zweiten Laterne befindet, wird in die dritte das Bild der Ruine eingeschoben, durch deren allmäliges Erscheinen die Täuschung veranlasst wird, als ob das Gebäude niederbrennt. Bei fortlaufenden Traumbildern löst sich durch den dreifachen Apparat ein Traum in dem Andern im Hauptbilde auf, während bei dem zweifachen das Hauptbild so lange unverändert erscheint, bis das erste Traum¬bild entfernt und das folgende eingeschoben ist.
Sowohl die Darstellung des Feuers, als auch des Wasserfalls und der Fontaine müssen bei dem zweifachen Apparate aufhören, um dem folgenden Bilde Platz zu machen, während mit der dritten Laterne ungestört weiter gearbeitet werden kann.
Aus: Böhm, H. R.: Anleitungen zu Darstellungen mittelst der Laterna Magica und den Nebel-Bilder-Apparates, H. G. Voigt’s Buchdruckerei, Hamburg 1876, S. 5 f
Medienpädagogischer Blick auf „Die Anatomie des Dr. Tulp“
Das Gemälde „Die Anatomie des Dr. Tulp“ wurde um 1632 von Rembrandt fertig gestellt. Bei Dr. Tulp (1593 bis 1674) handelte es sich um einen Bürgermeister der Stadt Amsterdam, der gleichzeitig einer der bekanntesten Ärzte des 17. Jahunderts war. Wie sein großes Vorbild, der Anatom Andreas Vesalius, lässt er sich bei der Präparation eines Arms porträtieren. Rembrandt „zitiert“ in dem Gemälde den präperierten Arm aus einem Holzschnitt, auf dem Andreas Vesalius zu sehen ist.
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Einige der Teilnehmer an der anatomischen Vorlesung blicken über die Leiche hinweg ganz offensichtlich auf einen anatomischen Atlas. Damit liefert das Gemälde ein
_Anschauungsbeispiel für die oftmals übersehene Bedeutung der Drucktechnik für die Verbreitung von Abbildungen.
Für die Entwicklung von Technik und Wissenschaft war es entscheidend, dass mit dem Aufkommen des Buchdrucks nicht nur Texte vervielfältigt werden konnten, sondern auch Bilder, Karten und Diagramme. Die Bedeutung der Tatsache, dass erst durch den Druck von Stichen die genaue Wiederholung bildhafter Aussagen möglich wird, tritt deutlicher hervor, wenn man sich vor Augen hält, dass schon in der Antike Gelehrte wie Plinius der Jüngere sehr wohl wussten, dass sich einerseits Blumen oder Blätter mit Worten nicht so beschreiben lassen, dass ein Leser sie in der Wirklichkeit sicher wieder erkennt und dass andererseits Zeichnungen beim Kopieren einer Handschrift viel schneller korrumpiert werden als der Text. Die „blickbildende“ und „blicknormierende“ Funktion von Drucktechniken wie Kupfer- und Holzstich zeigt sich u. a. in der Medizingeschichte. Aus der Entwicklung der Anatomie kann man lernen, dass sich das Körperinnere dem Blick nicht so klar strukturiert darstellt, wie es unseren durch Abbildungen in Biologiebüchern und Lexika normierten Vorstellungen erscheinen mag.
„… erst die Druckgraphik ermöglichte naturwissenschaftliche Beschreibung, die Kritik solcher Mitteilung und die schrittweise Annäherung der Darstellung an das Objekt. Der Druck von Zeichnungen auf dafür behandelten Holzblöcken, Kupferplatten oder Steinen ist nicht nur eine optische, sondern auch eine blickbildende Technik.“ (Duden 1991, S. 46)
Quellen:
http://www.wgsebald.de/anatomie.html
Duden, Barbara: Der Frauenleib als öffentlicher Ort: vom Missbrauch des Begriffs Leben, Hamburg und Zürich 1991
Wagner, Wolf-Rüdiger: Medienkompetenz revisited, kopaed München 2004, S. 116 f.
Abbildungen:
„Die Anatomie des Dr. Tulp“ – http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Anatomie_des_Dr._Tulp
„Andreas Vesalius“ – http://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_Vesalius
Medienpädagogische Warnung an Freunde der Großtechnologien
INTEL PRODUCTS ARE NOT INTENDED FOR USE IN MEDICAL, LIFE SAVING, OR LIFE SUSTAINING APPLICATIONS
14. Juli 2010 – Reuters meldet: Der weltgrößte Chiphersteller Intel hat mit seinen Bilanzdaten die Märkte positiv überrascht.
Fehler in der Arithmetik von Computern
Besonders der endliche Speicher des Computers ist die Quelle ernsthafter und tiefer Probleme. Denn Computer sind ‚mathematische‘ Werkzeuge; sie dienen als Werkzeug für mathematische Berechnungen, für die mathematische Modellbildung, für Simulationsverfahren aller Art. In der Mathematik gehört jedoch der Umgang mit unendlichen Mengen, insbesondere mit der Menge der reellen Zahlen zum Alltag. Und solche Mengen lassen sich nicht oder nur sehr schwer im Computer darstellen. Die klassische Software (Programmiersprachen, Anwendersoftware) verwendet meist die ‚Gleitkomma-Technik‘ zur Darstellung von reelen Zahlen […] Jede in der Realität vorkommende reelle Zahl muss bei der Übertragung in den Computer einer dieser Gleitkommazahlen zugeordnet werden. […]
Man kann den Rechnungen auf der Basis der Gleitkommazahlen, streng genommen, nicht rauen; dennoch wird es tagtäglich milliardenfach getan. Und natürlich wird der Mikroprozessor, vor dessen Benutzung Herstellerfirmen [wie Intel warnen], auch in Situationen eingesetzt, wo das Leben und die Gesundheit von Menschen vom ‚richtigen‘ Funktionieren des Prozessors abhängt.
Ziegenbalg, Jochen; Ziegenbalg, Oliver; Ziegenbalg Bernd [2016]: Algorithmen von Hammurapi bis Gödel. Springer Spectrum: Wiesbaden; S. 191f.
Fehlerfreiheit
In Spezialfällen ist ein Beweis der Fehlerfreiheit eines Programms möglich. Insbesondere in Bereichen, in denen der Einsatz von Software mit hohen finanziellen, wirtschaftlichen oder menschlichen Risiken verbunden ist, wie z. B. bei militärisch oder medizinisch genutzter Software oder in der Luft- und Raumfahrt, verwendet man zudem eine (formale) Verifizierung genannte Methode, bei der die Korrektheit einer Software formal-mathematisch nachgewiesen wird. Dieser Methode sind allerdings wegen des enormen Aufwands enge Grenzen gesetzt und sie ist daher bei komplexen Programmen praktisch unmöglich durchzuführen (siehe auch Berechenbarkeit). Allerdings gibt es mittlerweile Werkzeuge, die diesen Nachweis laut eigenen Angaben zumindest für Teilbereiche (Laufzeitfehler) schnell und zuverlässig erbringen können.
Hilfreiche Anmerkungen zu Wikipedia
In der ZEIT vom 08.07.2010 findet sich ein Gespräch mit dem Historiker Peter Haber (http://www.hist.net/peter-haber) über Qualität und Nutzen von Wikipedia. Hier die zentralen Aussagen von Haber:
Vorteile der Internationalität: Man kann „ein Thema aus verschiedenen sprachregionalen Blickwinkeln betrachten. Mit wenigen Klicks lassen sich die deutsche, die französische und die englische Seite, je nach Sprachkenntnis auch andere Versionen, vergleichen.“ – „Generell gilt: Personen- und Ereignisartikel sind anfälliger für nationale Einfärbungen.“
Nachteile des kooperativen Schreibens: Wikipedia „eignet sich nicht besonders gut dafür, sich einen ersten Überblick über ein komplexes Thema zu verschaffen.“ (Im Gegensatz zum Faktensammeln benötigt man hier Fachwissen!)
Vorteile des kooperativen Schreibens: „In der Regel sind Einträge dann korrekt und von guter Qualität, wenn sie schon älter sind und viel an ihnen herumkorrigiert worden ist.“ (Empfehlung: Blick in die Metadaten, also Versionsgeschichte und Diskussionsseiten.)*
Je umstrittener, desto besser: „Gerade bei umstrittenen und sensiblen Themen treten … selten Verzerrungen auf.“
Was taugen die Geschichtsartikel der Online-Enzyklopädie Wikipedia? Ein Gespräch mit dem Historiker Peter Haber – http://www.zeit.de/2010/28/Wikipedia-Daten
* Diese Aussage bestätigt den Ansatz von Wikibu, eines Projekts der Pädagogischen Hochschule Bern
„Wikipedia-Artikel haben unterschiedliche Qualität. Versionsgeschichte, Diskussionsseiten etc. helfen aber, die Verlässlichkeit eines Artikels einzuschätzen. Der kostenlose Dienst Wikibu für die deutschsprachige Wikipedia bietet dabei Unterstützung. Wikibu analysiert die Artikel automatisch anhand mehrerer Kriterien und liefert Anhaltspunkte zur weiteren Überprüfung durch die Nutzenden der Wikipedia. Wikibu ist speziell für den Einsatz in den Schulen gedacht und soll die kompetente Nutzung der Wikipedia als Teil der Informationskompetenz fördern.“ – http://wikibu.ch/
Ausflug in die Frühzeit der Massenmedien
Den Haag – Panorama MesdagHendrik Mesdag war 1866 bereits 35 Jahre alt, als er sich entschloss, den Beruf des Kunstmalers zu ergreifen. Im Mai 1881 begann er mit Hilfe einiger Kollegen die aus Belgien geliefert Leinwand von 14,4 Metern Höhe und 114,5 Metern Länge mit einem Panorama von Scheveningen zu bemalen. Am 1. August 1881 wurde Mesdags maritimes Panorama eröffnet. Schon 1885 ging das Panorama in Konkurs. Daraufhin erwarb Mesdag das Panorama selbst. Heute wird das Panorama als Familienunternehmen mit Non-Profit-Charakter betrieben.Dieser Ausflug in die Frühzeit der Massenmedien lohnt sich, denn dieses Panorama hat noch nichts von seiner Faszination verloren! Panorama Mesdag |
| Die ersten Panoramen entstanden in den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts, gerieten dann aber in Vergessenheit und wurden unter anderem aufgrund der Erfindung der Fotografie wiederentdeckt. (Daguerre, einer der Erfinder Fotografie, hatte als Panorama- bzw. Dioramamaler gearbeitet.) Das Panorama erlebte dann noch einmal in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine neue Blüte als der Fortschrit in der Webtechnik es erlaubt, breitere Bahnen zu weben, so dass größere Panoramen möglich wurden. Die Errichtung von neuen Panoramen wurde durch Aktiengesellschaften betrieben, deren Aktien u. a. an der Brüsseler Börse gehandelt wurden. In diesem Kontext entstand auch das Mesdag Panorama.Weitere Informationen zum Panorama als frühem Massenmedium |
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| Panorama (griech., „Allschau, Allübersicht“), eine besondere Art von Landschaftsgemälden, welche theils durch die Totalität der Rundschau, theils durch die als Wirkungsmoment angewandte Bewegung des Standpunktes weniger auf den künstlerischen Schein als auf natürliche Illusion berechnet sind. Bei dem Landschaftsgemälde im gewöhnliche Sinnch ist nämlich der Standpunkt des Beschauers als fest angenommen, und es wird nur so viel von dem Natur-Sichtbaren dargestellt, als (das Auge als Spitze eines Kegels angenommen, dessen Winkel 900 beträgt) in den dadurch gebildeten Sehkreis fällt. Ein natürliches P. bietet sich dem Beschauer dar, wenn er, etwa auf einem hohen Berg stehend, sich allmählich im Kreis dreht und so die ganze Umgegend nach und nach an seinem Auge vorüberziehen sieht. Denkt man sich nun dieses Band, welches den Beschauer cylinderförmig umgibt, an einer Stelle von oben nach unten zerschnitten und der Breit nach auf eine gerade Fläche ausgebreitet, so hat man die Darstellung eines Panorama’s. Um dasselbe zu sehen, ist also eine künstliche Vorrichtung nöthig, wodurch die Bewegung des Nacheinander dargestellt wird. Dies kann auf doppelte Weise geschehen: entweder wird das Längenbild langsam vor den Augen des Beschauers vorübergezogen (Cyklorama) oder es bedeckt, in sich zurückkehrend , die Wand eines cylinderförmigen Raums, an welcher der Beschauer allmählich herumwandelt (eigentliches P.). Indem nun durch künstliche, dem Beschauer, der sich selbst im Dunkeln befindet, nicht direkt sichtbare Beleuchtung, sei es von oben durch koncentriertes Tageslicht, sei es durch Lampen, das Gemälde derartig in Wirkung gesetzt wird, daß es dem Natureindruck möglichst nahekommt, so entsteht jene Illusion, welche der eigentliche Zweck des Panorama’s ist und zuweilen noch durch künstliche Naturnachahmung atmosphärischer Erscheinungen, wie Donner, Regen, Schneefall und dgl., verstärkt wird. Die Panoramen sind von dem irischen Maler Robert Parker 1787 erfunden, welcher zuerst im kleinen mit der Ansicht von Edinburg machte und später in London eine 30 Meter im Durchmesser haltende Rotunde ausführen ließ…Meyers Konversations-Lexikon 3. Aufl, Bd. 3, Leipzig 1887, S. 534 f. |
Der Bleistift als Symbol gegen die digitale Kolonisierung ?
Der Bleistift war in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts für manche Gegner der fortschreitenden Technisierung von Information und Kommunikation zum „Symbol des Widerstands gegen die digitale Kolonisierung unseres Planeten“ geworden. So wurde vor einigen Jahren in den Zeitungen darüber berichtet, dass sich in den USA Gegner der medientechnologischen Entwicklung, die sich nach den englischen Maschinenstürmern des 19. Jahrhunderts auch als „New Luddites“ bezeichnen, zu einem „Lead Pencil Club“ zusammengeschlossen haben. (GRAAF 1996, S. 13)
Schreiben kann zu einem anstrengenden, ritualtreibenden Prozess werden. Der eine brauchte den Geruch faulender Äpfel, der andere kann nur bei geschlossenen Vorhängen schreiben. Zum individuell erforderlichen Schreibambiente kann auch der Bleistift oder ein anderes Schreibwerkzeug gehören (Schreiblust und Bleistift). Ein Loblied auf den Bleistift taugt jedoch wenig zum ideologischen Kampfgesang „gegen die digitale Kolonisierung unseres Planeten“.
Der Bleistift ist alles andere als das Produkt einer technologisch unbefleckten Erfindung. Das Lieblingswerkzeug der Computergegner verdankt seine Entwicklung zur heutigen Form demselben zivilisatorischen Prozess, in dem auch die Voraussetzungen für die Entwicklung und Anwendung des Computers entstanden.
Als Zeichengerät wurde der Bleistift erst voll einsetzbar, als gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein industrielles Verfahren entwickelt wurde, bei dem man mit unterschiedlichen Mischungsverhältnissen von Grafit und Ton sowie verschiedenen Brenntemperaturen arbeitete. Erst dieses Verfahren erlaubte die Herstellung von Bleistiften mit unterschiedlichen Härtegraden, so dass man Striche in unterschiedlicher Schwärze erzielen konnte. Ein heutiger Bleistift ist nicht nur ein Stück Grafit, geschickt in einen Holzkörper eingebettet: Rohstoffe aus den unterschiedlichsten Weltgegenden werden benötigt. Die Beschaffung der Materialien und die Herstellung eines Bleistifts setzen ein hochmodernes, weltumspannendes politisches, wirtschaftliches und technologisches System voraus.
Das Festhalten am Bleistift ist demnach denkbar ungeeignet, als Widerstandshandlung gegen die Technisierung der Kommunikation ausgegeben zu werden. Unbedenklich erscheint dagegen die römische Wachstafel: Der Stilus, der Metallgriffel zum Schreiben, wäre eine Anschaffung fürs Leben. Die Wachstafel selbst lässt sich aus recycelbaren Materialien im Eigenbau herstellen. Die Wachsschicht kann nach Gebrauch immer wieder geglättet werden. Gleichzeitig käme es zu einer drastischen Reduzierung des Outputs an Texten, da ein flüssiges Schreiben beim Ritzen in Wachstafeln nicht möglich ist und – kommunikationsökologisch konsequent – der Rückgriff auf die aus römischer Zeit datierenden Ansätze zur Stenografie untersagt werden sollte.
Quelle
Graaf, Vera: Hassen Sie Ihren Computer! Die neue Maschinenstürmer-Generation Amerikas will den Technik-Verzicht. In: Süddeutsche Zeitung vom 12.06.96, S. 13
Spitzentechnologie: Bleistift und Anspitzer
Hier gibt’s Informationen rund um den Bleistift:














