1878 – Laterna Magica und Anschauungsunterricht

„In Amerika hat man diesen Vortheil schon längst erkannt…“
„Das transparente Glasbild läßt sich aber nicht bloß im Stereoskop verwenden, sondern auch in der Laterna Magica; es gestattet eine 12- bis 20fache Vergrößerung, und dadurch liefert es ein Bild, welches alle Vortheile einer Wandkarte besitzt. Wandbilder der Art ersetzen die kostspieligen und Nebebildapparate_ Liesegang_Die Projektions-Kunstungenauen Wandtafeln zur Darstellung von Thieren, Pflanzen, Mineralien, Felsformen, Landschaften; sie machen eigentlich erst den wahrheitsgetreuen Anschauungsunterricht möglich. In Amerika hat man diesen Vortheil schon längst erkannt. Jede größere Schule besitzt eine Laterna magica, oft deren mehrere und fast jedes naturwissenschaftliche Auditorium ist so eingerichtet, daß es in jedem Moment verdunkelt werden und die Darstellung der Schattenbilder beginnen kann.“
Vogel, Hermann Wilhelm: Die gegenwärtigen Leistungen der Photographie. In: Deutsche Rundschau Bd. 15/1878, S. 422

Gegen den Bilderkultus (1875)
„Es ist gewiß nicht zu viel behauptet, daß kaum eine Stunde vergeht, in der nicht Bilder oder wenigstens Tabellen vorgezeigt, daß viele Stunden durch Besprechung trivialer Bilder vergeudet werden, daß in mancher Stunde die Aufmerksamkeit der Schüler durch die Abbildungen in Fibel und Lesebuch abgeleitet wird, daß der immer mehr um sich greifende Bilderkultus einem oberflächlichen Halbwissen Vorschub leistet […].“
Vogel, August: Gegen den Bilderkultus. Eine wissenschaftlich-pädagogische Abhandlung, Gütersloh 1875, S. 17

1928 – Lexikon, Epidiaskop und Arbeitsunterricht

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„Die Zeit diktiert heut ein rasches Tempo; im Leben draußen, daheim, selbst in den stillen Schulräumen ist der Pulsschlag heut rascher, formt die Zeit schneller als früher. Da hilft kein Klagen und Trauern. All das hat seine Daseinsberechtigung, wie sie ehemals, aus ihren Zeiten heraus, die Stille einer Klosterschule hatte. Unsere Jugend lebt im Zeitalter der Automobile, des Radios, des Flugzeugs mit 100 km und mehr Stundengeschwindigkeit. Und wenn dem Jungen in der Schule bewußt oder unbewußt alle diese Dinge ferngehalten werden, dann wird sein Sinnen und Trachten nach der Schule um so mehr von ihnen gefangen genommen. Sie sind Ausdruck der Zeit, Charakteristika, Wesensarten, und ohne sie ist das Zeitbild falsch.“ (S. 380)

Die Zeit, so der Autor dieses Beitrags, erfordere also im Unterricht diesen Veränderungen Rechnung zu tragen. Der Weg über „das schnell laufende Filmband das unmittelbarste Leben der Jugend belehrend vor Augen“ zu führen, sei „für die meisten noch nicht gangbar“. Die früher üblichen „mehr oder minder gelungenen Anschauungstafeln“ seien „unvollkommen, schwerfällig und veraltet“. Eine Lösung böte sich an über „die Aufstellung einer Sammlung von Glasdiapositiven“.

 Epidiaskop

 

„Wer aber je dem Praktischen dieser Frage nähertrat, der weiß, mit welchen Schwierigkeiten und hohen Geldausgaben all dies verknüpft ist. Schon bei der Anschaffung eines guten Dia-Projektionsapparates entstehen die ersten Schwierigkeiten. Diese Hindernisse aber werden noch größer und erscheinen riesengroß, wenn man an den Ausbau eines solchen Lichtbildarchives geht. Die Glasdiapositive und auch die Filme sind kostspielig, leicht verderblich und darum von einer relativ kurzen Lebensdauer. Springen, Einreißen und Zerkratzen sind an der Tagesordnung und erschweren diese Arbeit. Da führt, wie die Erfahrung hier und an anderen Schulen lehrt, ein Mittelweg zu einem beachtenswerten Ziel. Eine vorbildliche Sammlung erstklassiger Anschauungsbilder, einfarbig und bunt, ist im neuzeitlichen Lexikon zu finden, sei es nun ein Lexikon von dieser oder jener Tendenz. Sie alle verfügen über viele Hunderte von Anschauungsbildern erster Zeichner, erster Künstler. Das Lexikon ist handlich übersichtlich geordnet, ist großzügig angelegt.
Falsch wäre es nun, diese Blätter, diese kleinen, 2 – 3 cm großen Bilder im Klassenzimmer herumzuzeigen oder von Schüler zu Schüler weiterzugeben. Hier hilft nun der Epidiaskopapparat, und auch nicht jeder.“ (S. 380

Hier folgen eine Warnung, dass bei bestimmten Apparaten die Bilder durch die von den Lampen ausgestrahlten Wärme beschädigt werden, Erläuterungen zu den unterschiedlichen Möglichkeiten der Auf- und Durchprojektion sowie Hinweise, wie es „durch die Hilfe der Schüler“ möglich sei, den Klassenraum schnell für die Projektion herzurichten.

„Jedenfalls ist diese Arbeit in unserer Schule, die Arbeit mit dem Lexikon, dem Projektionsapparat und der Pergamentfläche so positiv und produktiv, daß wir den Apparat schon in jedem Unterrrichtsfach, ob Heimatkunde oder Deutsch, Zeichnen oder Musik, brauchten, und dies recht oft, da Lehrer und Schüler fühlten, daß der so belebte Arbeitsunterricht nach jeder Seite hin ertragrecher war als der nur sachlich eingestellte.“ (S. 381)

 Bruno Zwiener: Lexikon, Epidiaskop und Arbeitsunterricht, in: Neue Bahnen – Reform-Zeitschrift für Erziehung und Unterricht, 39. Jg. H-8/1928, S. 380 – 381
Abb. Paul Ed. Liesegang: Die Projektions-Kunst und die Darstellung von Lichtbildern, Leipzig 1909, S. 139

1909 – Lichtbild-Reklame

 Automatischer Apparat für Lichtbildreklame_Liesegang 1909, S.  295
 Automatischer Apparat für Lichtbild-Reklame

Es gibt kaum eine wirksamere Reklame als ein … Lichtbild-Plakat, besonders wenn es der Unternehmer versteht, zwischen die Ankündigungen anziehende Bilder einzuschalten und das Publikum stets in Spannung zu halten.

Man sieht solche Lichtbildreklamen in den Schaufenstern von Läden, wo sie dann meist nach Geschäftsschluß gezeigt werden, auf den Balkons einer Etage, häufig ober auf dem Dach des Hauses. An anderen Stellen wird das Lichtbild zum Giebel eines anderen Hauses herübergeworfen. Man hat auch wiederholt die Projektion auf Wolken versucht; sie läßt sich aber nur unter sehr günstigen Bedingungen erfolgreich druchführen. In Spezialitäten-Theatern ist die Lichtbild-reklame heute ein ständiger Gast, der das Publikum in den Pausen mit seinen Vorführungen unterhält.

Paul Ed. Liesegang: Die Projektions-Kunst und die Darstellung von Lichtbildern für Schulen, Familien und öffentlichen Vorstellungen mit einer Anleitung zum Malen auf Glas und Beschreibung chemischer, magnetischen, optischer und elektrischer Experimente, Leipzig 1909, S. 291

Projektion von Fotografien vor Gericht zur „Findung der materiellen Wahrheit“

Demonstration gerichtlicher Photographien mit Laterna Magica auf dem Kongreß von Freunden der Lichtbildkunst – Berlin 1890
[Die Demonstration] lieferte ebenso überraschende wie überzeugende Beweise für die Wichtigkeit photographisch-mikroskopischer Aufnahmen zur Feststellung von Schuld oder Unschuld von Angeklagten. Als erstes Bespiel führte der Herr Redner folgenden Gerichtsfall vor, zu welchem er auf der Projektionsscheibe das vergrößerte Bild eines Haares erscheinen ließ. In einer Untersuchung wegen Mordes sei ihm dies Haar zur Untersuchung eingesandt worden; er habe gefunden, daß es alle Markmale eines ergrauten männlichen Barthaares an sich trage; es gehörte einem alten Scherenschleifer an, welcher des Mordes verdächtig wurde. Zum Vergleich mit diesem Barthaar war dem Herrn Vortragenden ein zweites Haar zugesandt; dasselbe war an der Ermordeten gefunden worden. Die Untersuchung ergab, daß es das Haar eines Säugethiers war, worauf die demselben eigenthümlich große Marksubstanz hinwies. […] Der Verdächtige wurde darauf hin in Freiheit gesetzt. Nach längerer Zeit wurde ein anderer Mann wegen Verdachtes an demselben Morde eingezogen; derselbe hatte einen Hund mit allen eben bezeichneten Eigenschaften; […] (Berliner Tageblatt. Erstes Beiblatt vom 1. Oktober 1890)

Endzweck der Photographie im Strafverfahren ist […] ganz erreicht, wenn sie schließlich im Gerichtssaale dazu dient, um als ein untrüglicher und neuer Faktor mit zur Findung der materiellen Wahrheit beizutragen.”[1]

Die Photographie als Hilfsmittel der Polizei und Justiz zur Findung der materiellen Wahrheit pdf


Die Geschichte des Films beginnt vor dem Film!

Geht man bei Überlegungen zu Medien nicht von Technik im Sinne von Geräten und Apparatur aus, sondern hat die Medien als „Programme zur Aneignung von Welt“ im Blick, dann ergeben sich medienübergreifende Zusammenhänge, und es wird deutlich, dass die Medien als soziotechnische Systeme eine Vorgeschichte haben, ohne die sie nicht einzuordnen und zu verstehen sind.

Nebelbilder (Dissolving views)
N
ebelbilder werden in einem dunklen Raume auf einer weissen Fläche mittelst gewisser Apparate hervorgerufen.

Die nebelhafte Verschwommenheit, mit welcher jedes Bild zunächst erscheint, und mit welcher es auch, nachdem es sich auf kurze Zeit zu voller Klarheit entwickelt hat, allmälig wieder verschwindet, während gleichzeitig das folgende Bild hervortritt, gab denselben die Benennung, und gerade die Eigenthümlichkeit dieser Darstellungsweise bietet für Unterhaltung einen ungewöhnlichen Reiz.
Es wird wohl kaum Jemand geben, welchem derartige Vorführungen unbekannt wären, sei es auch nur aus dem einfachsten System – der gewöhnlichen Laterna Magica…

Der Nebel-Bilder-Apparat besteht aus zwei solchen Laternen, jedoch selbstverständlich in verbessertem Linsensatze und Ausstattung. Zuweilen werden auch solche Apparate aus drei Laternen zusammengestellt und mit dem Namen „Agioskop“ bezeichnet.

Darstellung.
Ein Eisenbahnzug, eine Schlittenfahrt, Schiffe, eine Procession, Wolkengebilde, ein Mondaufgang u. s. w. — alles dies darf nicht ruckweise vorgeführt werden, sondern muss sich im Gleichmasse bewegen. Die Bilder sollen jeder Laterne genau angepasst sein, damit nicht, wenn z. B. in einem Bilde ein Brand dargestellt werden soll, dass Feuer auf ganz unpassender Stelle erscheint und nun sichtbar dem betreffenden Gebäude zugeschoben wird. Der Blitz, eine der wirkungsvollsten Darstellungen, wird am besten in der Weise gegeben, dass man beide der dabei angewandten Laternen öffnet, den Kopf der einen jedoch, in welcher das Bild des Blitzes befindlich mit der Hand bedeckt. Durch zitternde Bewegung der letztern, welche nur wenige Lichtstrahlen durchlässt, wird das Wetterleuchten täuschend nachgeahmt. Momentanes wegziehen der Hand lässt dann und wann den vollen Blitz durch. Dauert jedoch dieser Moment so lange, dass man die Umrisse des gemalten Blitzes deutlich erkennen kann, so ist alle Wirkung verloren.

Mittelst eines s. g. Agioskops oder dreifachen Nebel-Bilder-Apparates lassen sich einige Effecte noch erhöhen.

In einer Herbstlandschaft beginnt es zum Beispiel zu schneien. Allmälig lässt man die dritte Laterne, in welcher das Winterbild befindlich, und welches genau die Herbstlandschaft decken muss, öffnen, wodurch scheinbar Häuser und Landschaft sich mit Schnee bedecken.

Bei einem Brande, wo sich das rotirende Feuer in der zweiten Laterne befindet, wird in die dritte das Bild der Ruine eingeschoben, durch deren allmäliges Erscheinen die Täuschung veranlasst wird, als ob das Gebäude niederbrennt. Bei fortlaufenden Traumbildern löst sich durch den dreifachen Apparat ein Traum in dem Andern im Hauptbilde auf, während bei dem zweifachen das Hauptbild so lange unverändert erscheint, bis das erste Traum¬bild entfernt und das folgende eingeschoben ist.
Sowohl die Darstellung des Feuers, als auch des Wasserfalls und der Fontaine müssen bei dem zweifachen Apparate aufhören, um dem folgenden Bilde Platz zu machen, während mit der dritten Laterne ungestört weiter gearbeitet werden kann.

Aus: Böhm, H. R.: Anleitungen zu Darstellungen mittelst der Laterna Magica und den Nebel-Bilder-Apparates, H. G. Voigt’s Buchdruckerei, Hamburg 1876, S. 5 f