Das Kino – ein illegitimes Kind der Quantifizierung und Datafizierung

Die Filmkamera heißt es im [Brockhaus 1988, S. 293], unterscheidet sich von der Stehbildkamera „konstruktiv in der Verschluß-, der Filmtransport- und der Filmspuleneinrichtung, die es ermöglichen, eine bestimmte Anzahl Bilder in einer Sekunde zu belichten und weiterzuschalten. Erforderlich ist, daß das einzelne Bild bei der Belichtung stillsteht: der Filmtransport muß also rückweise geschehen, […].
Wichtige Beiträge zur Entwicklung einer solchen Kamera leistete der französische Physiologe Étienne-Jules Marey aus seinem wissenschaftlichen Interesse an der Analyse von Bewegungen heraus.
Muybridges Reihenaufnahmen von Pferden im Galopp weckten Mareys Interesse an der Fotografie. Aufgrund der Fortschritte in der Optik und Fotochemie[1] sah er die Chance, fotografische Verfahren als Mess- und Registriertechniken einzusetzen. Für die Untersuchungen von Vögeln im freien Flug entwickelt Marey eine „chronophotographische Flinte“.Photographische Flinte_Eder_1886_S_153
Mit Blick auf den Beitrag zur Entwicklung der Filmtechnik ist es wichtig, dass hier ein Uhrwerk[2] zum Einsatz kam, um die Trommel mit ihren Scheiben in eine intermittierende Bewegung zu versetzen, die notwendig ist, um den Lichteinfall vom Objektiv auf die lichtempfindliche Platte durch die auf den Scheiben angebrachten Schlitze so zu steuern, dass auf der Platte nacheinander Bilder aufgenommen werden können. Mit Hilfe dieses Apparates konnten die einzelnen Phasen des Flugverhaltens von Vögeln mit 10 bis 12 Aufnahmen pro Sekunde bei einer Belichtungszeit von einer 1/720 Sekunde festgehalten werden, ohne in die Bewegungsabläufe verändernd einzugreifen.
Bei sehr schnellen Bewegungen stand Marey jedoch vor dem Problem, dass sich die Mann in Schwarz_S.11Aufnahmen auf der Platte überlagerten. Um auch bei der gewünschten schnellen zeitlichen Abfolge der Aufnahmen die Bewegungen analysieren zu können, kleidete er seine Versuchspersonen schwarz und markierte z. B. nur das Bein, den Oberschenkel und den Arm auf der der Kamera zugewandten Körperseite mit hellen Streifen und Punkten [Marey 1894, S. 807].[3]

„Unter solchen Umständen lassen sich von demselben Gegenstande auf eine einzige Platte in der Secunde nicht nur zehn, sondern hundert verschiedene Aufnahmen bringen, ohne dass man die Schnelligkeit der Scheibendrehung zu steigern brauchte. Man muss dann nur statt des Schlitzes in der Scheibe deren zehn in genau gleich weiten Abständen anbringen.“ [Eder 1886, S. 187 f.]
Mit der von ihm entwickelten „photo-chronograpischen Methode“ war es Marey so zwar möglich, die Veränderungen eines Objekts, das sich mehr oder weniger schnell bewegt, in einer Abfolge von Momentaufnahmen festzuhalten. Falls sich das Objekt jedoch nur sehr langsam oder sogar nur auf der Stelle bewegte, ließen sich die einzelnen Bilder nur unzureichend von einander unterscheiden oder überlagerten sich völlig.
Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, konstruierte Marey eine Kamera, in der ein mit einer lichtempfindlichen Schicht überzogenes Papierband am Verschluss vorbei transportieren wurde. Da die Aufnahmen unscharf werden, wenn das Band am geöffneten Verschluss vorbei bewegt würde, entwickelte Marey ein Verrichtung, bei der der Transport des Bandes durch einen Elektromagneten während der Belichtung für 1/5000 Sekunde angehalten wurde. Eder_1886_S_188_Momentphotographie
So erhielt er Bilder mit der wünschenswerten Schärfe. Da Längenangaben kontinuierlich mitaufgezeichnet wurden, ermöglichte die zeitliche Taktung der Belichtung eine genaue Analayse der Bewegungen von Menschen und Tieren. [Marey 1888]
Mareys wissenschaftliche Untersuchungen von Bewegungsabläufen zielten auf konkrete, anwendungsbezogene Ergebnisse. So war das Kriegsministerium nach der Niederlage im deutsch-französischen Krieg daran interessiert, die Marschleistungen der französischen Soldaten zu optimieren. Auch das Interesse an Bewegungsabläufen bei Pferden beschränkte sich zu einer Zeit, in der man beim Militär noch auf Pferde als Zug- und Reittiere angewiesen war, nicht auf kalifornische Millionäre, Rennstallbesitzer und Künstler [Marey 1894, S. 805].

[1] Seit den 1870er Jahren stand mit der Erfindung der Bromsilber-Gelatine-Trockenplatten ein Fotomaterial zur Verfügung, das nicht nur leichter zu handhaben, sondern außerdem die erforderliche Empfindlichkeit für extrem kurze Belichtungszeiten mitbrachte.
[2] In mechanischen Uhrwerken bewirkt der Gangregler über das in das Hemmungsrad eingreifende Hemmstück das periodische Anhalten („Hemmen“) des Räderwerks und damit den regelmäßigen Gang der Uhr.
[3]Im Original: „Avec cette méthode [la chronophotographie sur plaque fixe], il est vrai, les images d l’homme ou de l’animal en movement se réduisent à quelques points brillants et à quelques lignes. Mais cela suffit, en general, pour caractériser l’action des members aux diverses allures.” (Marey 1894, S. 807)

Abbildungen
Photographische Flinte – Eder [1886], S. 153

Versuchsperson in schwarzem Anzug mit weißen Streifen auf Armen und Beinen für chronophotografische Bewegungsanalysen – Marey, Étienne-Jules [1893], Die Chronophotographie, Berlin: Mayer & Müller, S. 11
Partielle Momentaufnahme eines laufenden Mannes mit gläzenden Bändern: Eder [1886], S. 188

Literatur
Brockhaus Enzyklopädie [1988]: in 24 Bd. – 19., völlig neu bearbeitete Auflage Bd. 7, Mannheim: Brockhaus
Eder, Josef Maria [1886]: Die Moment-Photographie in ihrer Anwendung auf Kunst und Wissenschaft, Halle a. Saale: Wilhelm Knapp
Marey, Étienne [1888]: Décomposition des phases d’un mouvement au moyen d’images photographiques successives, recueillies sur une bande de papier sensible qui se déroule – Extrait des Comptes rendus hebdomadaires des séances de l’Académie des Sciences, t. CVII; séance du 29 octobre 1888: http://www2.biusante.parisdescartes.fr/livanc/?do=page&cote=extcdf005&p=138 [Stand: 04.01.2014]
― [1894]: La station physiologique de Paris (1), in: La nature : revue des sciences et de leurs applications aux arts et à l’industrie, Jg. XXXI, S. 802

Vgl. dazu: Wagner; Wolf-Rüdiger : Étienne-Jules Marey ein Wissenschaftler, der nebenbei zum Filmpionier wurde. In: Hischer, Horst [2016]: Mathematik — Medien — Bildung. Medialitätsbewusstsein als Bildungsziel. Wiesbaden: Springer Spectrum, S. 85 ff.

 

 

Medialitätsbewusstsein (3): Die Schwierigkeiten, Sichtbares kommunizierbar zu machen

Je genauer man konkrete Praktiken der Mediennutzung und die intendierte Nutzung in den Blick nimmt, desto klarer zeigt sich im Vergleich konkurrierender Kulturtechniken ihr jeweiliges mediales Potential.

Wolken

Internationale Wolkennomenklatur und Medialität
Wolken können mit „unbewaffnetem Auge“ beobachtet werden, sind aber flüchtige Gebilde, die ihre Form und Farbe ständige verändern.

Um eine solche Verständigung über das Phänomen Wolken zu ermöglichen, veröffentlichte 1803 der britische Apotheker und Naturforscher Luke Howard einen Vorschlag für eine Klassifikation der unterschiedlichen Wolkenformationen. Für die drei von ihm identifizierten Grundtypen führte er die bis heute üblichen Begriffe Cirrus, Cumulus und Stratus ein. Auch wenn er dieses Grundschema durch die Kombination dieser Begriffe um vier weitere Wolkentypen erweiterte, ergaben sich daraus keine Probleme bei der Darstellung eines derart übersichtlichen Klassifikationsschemas. Goethe widmete Luke Howard zum „Ehrengedächtniß“ ein Gedicht. Darin heißt es:

Die Welt ist so groß und breit,
Der Himmel auch so hehr und weit,
Ich muß das alles mit Augen fassen,
Will sich aber nicht recht denken lassen.

Dich im Unendlichen zu finden,
Mußt unterscheiden und dann verbinden;
Drum danket mein beflügelt Lied
Dem Mann der Wolken unterschied. (Goethe Werke 1896, S. 39)

Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein hielt man jedoch eine exakte und allgemein gültige Klassifikation von Wolken für nicht möglich, da sprachliche Beschreibungen keine genauen und eindeutigen Vorstellungen von komplexen Wolkenformationen liefern können.
Auch Zeichnungen können aufgrund der komplexen und sich schnell verändernden brandes-wolkenbilderFormen keine eindeutigen Bilder liefern.
In der Frühzeit der Fotografie waren die erforderlichen Belichtungszeiten für das flüchtige Phänomen Wolken zu lang und die fotosensiblen Schichten überempfindlich für Blau, so dass sich Wolken – bei den notwendigen kurzen Belichtungs-zeiten – vor dem Himmel nicht genügend abhoben.

Erst nachdem seit 1870 orthochromatische Platten mit weitgehend farbwertrichtigen Eigenschaften auf den Markt kamen, war diese mediale Begrenzung aufgehoben (vgl. Starl 2009).
Der englische Wolkenforscher Ralph Abercromby konnte dann auf zwei zwischen 1885 und 1887 unternommenen Weltreisen mit Hilfe der Fotografie den Beweis erbringen, dass überall auf der Erde die Grundformen der Wolken identisch sind.

Die angestrebte internationale Standardisierung der Wolkenbeobachtung setzte voraus, dass alle Wetterstationen weltweit über einen „Wolkenatlas“ als Instrument zur Klassifizierung verfügten. So lange man Fotografien nicht drucktechnisch in den Atlanten reproduzieren konnte, war die Herstellung allerdings so teuer, dass man die Atlanten nur in einer beschränkten Anzahl auflegen konnte.

„Atlanten liefern den sich der Anschauung bedienenden Wissenschaften die Arbeitsobjekte. Der Atlas trainiert das Auge von Eingeweihten und Neulingen gleichermaßen darin, bestimmte Objekte als exemplarisch […] auszuwählen und sie auf eine bestimmte Weise zubetrachten […].“ (Daston/Galison 2002, S. 37)

Zwischen den wissenschaftlichen Zwecken eines Atlas und den medialen Eigenschaften der Fotografie besteht ein Spannungsverhältnis. Eine Fotografie hält den Zustand eines Objekts detailgetreu in einem gegebenen Moment fest. Wissenschaftliche Atlanten sollen dagegen das jeweils Exemplarische zeigen.

„Der Atlas zielt darauf ab, die Natur zu einem sicheren Gegenstand der Wissenschaft zu machen und die rohe Erfahrung – die zufällige und kontingente Erfahrung spezifischer Einzelobjekte – durch gefilterte Erfahrung zu ersetzen.“ (Daston/Galison 2002, S. 36)

Die Subjektivität, die man mit Hilfe der Fotografie vermeiden wollte, kehrte also bei der Auswahl „typischer Aufnahmen“ für einen Atlas zurück. Bei späteren Auflagen des Wolkenatlas wurde deshalb jede Aufnahme
„mit einer Erläuterung […] sowie mit einer schematischen Darstellung im selben Maßstab wie die Fotografie [versehen], um die wichtigsten Merkmale der Wolkengattung hervorzuheben.“ (Deutscher Wetterdienst 1990 S. XIII)

Wetterdienst

Da man zu Wettervorhersagen gelangen wollte, war der Aufbau eines verteilten Netzes von meteorologischen Stationen und der schnelle Austausch von Daten und Informationen notwendig, um ein Bild des Wetters über einem größeren Gebiet rekonstruieren zu können. Die Erstellung aktueller Wetterkarten war nur durch die telegrafische Übermittlung der Wetterdaten möglich. Dies setzte voraus, Wetterbeobachtungen in kompakter Form durch Ziffern zu beschreiben.

Ueber Wolkenaufnahmen

Literatur
Brandes, Heinrich Wilhelm [1820]: Beiträge zur Witterungskunde, Leipzig: Johann Ambrosius Barth
Daston, Lorraine; Galison, Peter 2002: Das Bild der Objektivität. In: Geimer, Peter: Ordnungen der Sichtbarkeit. Fotografie in Wissenschaft, Kunst und Technologie, Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 29 – 99
Deutscher Wetterdienst 1990: Internationaler Wolkenatlas, 2. Auflage, Vorschriften und Betriebsunterlagen Nr. 12, Teil 1, Offenbach am Main (Selbstverlag)
Goethes Werke [1896]: Naturwissenschaftliche Schriften II. Abteilung, 12. Band, hrsg. im Auftrag der Großherzogin Sophie von Sachen. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger
Starl, Timm 2009: Eine kleine Geschichte der Wolkenfotografie, in: Ecker, Berthold; Karel, Johannes, Starl, Timm (Hrsg.)stark bewölkt. Flüchtige Erscheinungen des Himmels,Wien und New York: Springer, S. 22 – 41

 

Medialitätsbewusstsein (2):“Photographie und Himmelskunde“

Medien werden dann als Kulturtechniken beschreibbar, wenn die Praktiken rekonstruiert werden, in die sie eingebunden sind, die sie konfigurieren oder die sie konstitutiv hervorbringen. (1)

Theil des Sternbildes der Zwillinge
„Welche ungeheure Mühe [die Herstellung umfassender Sternkarten] nothwendig verursacht, läßt sich denken, ja eigentlich handelt es sich hierbei um eine Aufgabe, die alle menschliche Kraft übersteigt. […] Seit Jahren sind es die Gebrüder Paul und Prosper Henry, welche mit diesem mühevollen Unternehmen sich beschäftigen, allein trotz der großen Erfahrungen, die sie nach und nach erwarben, drohte ihrer Arbeit 1884 ein jähes Ende. Sie kamen nämlich im Verfolge ihrer Aufzeichnungen damals in die Gegend des Himmels, welche von der Milchstraße durchzogen ist. Der mild leuchtende Schein der Milchstraße wird aber bekanntlich hervorgerufen durch eine Ansammlung unzählbarer Millionen von Sternen, die in unergründlicher Tiefe hinter einander stehen. Diese Millionen Sternchen in Karten wiederzugeben erwies sich als geradezu unausführbar.“ (2)

Fotografische Emulsionen (Filme, Platten) oder elektro-optische Bildsensoren haben im Gegensatz zum Auge die Eigenschaft, die Wirkung des Lichts während langer Belichtungszeiten sammeln zu können. (3)

„Da erinnerten sich die beiden Beobachter der jüngst so vervollkommneten Photographie

Appareil équatorial 2
Abb. 3 Photographischer Refraktor in parallaktischer Aufstellung im Pariser Observatorium

und beschlossen, dieselbe zu Hilfe zu nehmen. Freilich konnten sie dafür die gewöhnlichen Apparate des Photographen nicht gebrauchen, sie mußten vielmehr ein besonderes photographisches Fernrohr konstruiren und diesem durch ein Uhrwerk eine so genau bemessene Bewegung ertheilen, daß die Sterne bei ihrem ununterbrochenen Laufe am Himmel doch unverrückt auf der photographischen Platte festgehalten werden. Nach vielen mühevollen Versuchen gelang das Unternehmen über alles Erwarten. Selbst die schwächsten Sterne zeichneten sich auf der Platte mit Schärfe ab, und in einer Stunde wurde auf diese Weise mehr geleistet, als bei der gewöhnlichen Art und Weise des Einzeichnens der Sterne in vielen Monaten.“ (4)

Der eine solche Karte benutzende Astronom kann sicher sein, das bis herab zur fünfzehnten Größe kein Stern vergessen worden ist, während das stärkste Fernrohr höchstens noch das Glimmen von Sternen der sechzehnter Größe wahrnehmen läßt. (5)

Quellen
(1) Schüttpelz, Erhard (2006): Die medienanthropologische Kehre der Kulturtechniken. In: Archiv für Mediengeschichte No. 6: Kulturgeschichte als Mediengeschichte (oder vice versa)?, Weimar 2006. S. 87-110
(2) Klein: Die Photographie des Himmels. In: Die Gartenlaube H. 7/1886 S. 128
(3) Astrofotografie: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Astrofotografie&oldid=147307642
(4) Klein: Die Photographie des Himmels. In: Die Gartenlaube H. 7/1886 S. 129
(5)Schwartz, Th. : Die Photographie und die Himmelskunde. In: Daheim Nr. 22/1886, S. 35
Abb.1  und 2 Klein: Die Photographie des Himmels. In: Die Gartenlaube H. 7/1886 S. 128
Abb. 3 Photographischer Refraktor in parallaktischer Aufstellung im Pariser Observatorium. Aus: Mouchez, Ernest Barthélémy, La photographie astronomique à l’Observatoire de Paris et la carte du ciel et la carte du ciel, 1887

1928 – Lichtbildarbeitsgemeinschaften in Preußen

In der Diskussion um die Rolle der Schulphotographie in den 1920er Jahren Lichtbildarbeitsgemeinschaft Agfatauchen Argumente, Probleme und Initiativen auf, die in mancher Hinsicht an aktuelle Diskussionen erinnern. Dies gilt nicht nur für die reformpädagogische Leitidee, die zur Einrichtung von Arbeitsgemeinschaften und damit auch zu Lichtbildarbeitsgemeinschaften führte: „Nur was erarbeitet ist, das besteht und wirkt. Das Wissen muß auch einmal Problem gewesen sein und aus ein Wollen heraus selbstgestecktes Ziel.“ (Gläser 1920 – zitiert nach Böttcher o. J., S. 7)

Wenn es um Medien und Schule geht, gibt es offensichtlich unvermeidliche Klagen. Geklagt wurde schon um 1920 über die mangelnde technische Ausstattung der Schulen, über unzureichende technische und inhaltliche Kompetenzen der Lehrkräfte sowie über fehlende Fortbildungsangebote. Daneben tauchte die Forderung nach einem eigenen Schulfach bzw. nach Einführung von speziellen Lehrgängen auf. Doch ein fächerintegrativer Ansatz, der über die Naturwissenschaften hinaus Deutsch, Geschichte und Kunst einschloß, setzte sich, sofern die Fotografie überhaupt Eingang in die Lehrpläne fand, durch. Als zusätzliches Argument für die Beschäftigung mit der Fotografie diente der Hinweis auf die Verwertbarkeit fotografischer Kenntnisse im späteren Berufsleben.

Aktiv unterstützt wurden die Bestrebungen zur Förderung der „Schulphotographie“ von der Industrie, hier in erster Linie von AGFA. So wurden Wettbewerbe ausgeschrieben, erhielten hervorragende Schüler Box-Kameras als Prämie und AGFA stattete alle Schulen flächendeckend mit jeweils mehreren Fotoapparaten aus. AGFA ergriff auch inhaltlich die Initiative und veröffentlicht 1929 ein „Stoffplan für die photographische Unterweisung in den Lichtbildarbeitsgemeinschaften.

Lichtbildarbeitsgemeinschaften
Lichtbildbeitsgemeinschaften für Schüler und Schülerinnen

Da seit einiger Zeit die praktische Betätigung von Schülern und Schülerinnen auf dem Gebiet der Photographie einen größeren Umfang annimmt, erscheint es angebracht, daß die berufenen Kreise diese sehr zu begrüßende Bewegung in richtige Bahnen lenken. An einigen Schulen ist man dazu übergegangen, die photographierenden Schüler und Schülerinnen zu sogenannten Lichtbildarbeitsgemeinschaften zusammenzufassen, in denen die Beteiligten neben einer ästhetischen Schulung eine photographische Ausbildung erhalten, damit sie gegebenfalls in der Lage sind, ihre photographische Kunst in den Dienst der ganzen Schule zu stellen. In gemeinsamer Arbeit von Lehrern und Schülern werden die Lichtbildsammlungen ergänzt oder zum Teil für die Sondergebiete neu geschaffen. Eine derartige Selbstherstellung von Lichtbildern jeder Art bietet auch erhebliche wirtschaftliche Vorteile, die bei der schwierigen finanziellen Lage der Schulen noch mehr ausgenutzt werden müssen. Die photographische Arbeitsgemeinschaft ist abwechselnd an die hierfür geeigneten Fächer anzugliedern, damit eine phototechnische Unterweisung der daran interessierten Schüler ständig stattfindet. […]

Berlin, den 9. Juli 1928 – Der Minister für Wissenschaft, Kunst u. Volksbildung, H. 15/ S. 244

LichtbildarbeitsgemeinschaftenHeimatphotographie

Es ist bei mir angeregt worden, bei der praktischen Betätigung der Schüler und Schülerinnen auf dem Gebiet der Photographie auch das Gebiet der Heimatphotographie heranzuziehen. […] Es wird sich hierbei zunächst darum handeln, das wertvolle Heimatgut, das die Natur darbietet, in Form von technisch einwandfreien und ästhetisch befriedigenden Aufnahmen zu bergen. Als Gegenstände der photographischen Erfassung kämen in erster Linie die in der engeren Heimat vorhandenen Naturdenkmäler in Betracht, vor allem ehrwürdige Baumgestalten, erratische Blöcke und andere Einzelschöpfungen der Natur von Naturdenkmalwert. Bei einer solchen Zielsetzung würde in gemeinsamer Tätigkeit gewissermaßen zwangsläufig die Inventarisierung der Naturdenkmäler der Umgebung des Schulortes durchgeführt werden.

Kamera und NaturschutzWeiter wären charakteristische Züge der heimatlichen Natur, wie Waldstücke, Gebüschgruppen, Felsgebilde, Flußufer, Flußschlingen, Altwässer, Moore, Seen, Teiche, Dünen und vieles andere, photographisch zu meistern. Auch typische Pflanzengesellschaften und Einzelpflanzen sowie Tiere und ihre Bruten bieten eine Fülle von Objekten dar, an denen die photographische Kunstfertigkeit geübt werden kann.

Es ist zu erwarten, daß diese Art der photographischen Betätigung einmal zu einer sehr ersprießlichen Zusammenarbeit verschiedener Fächer führt, und daß andererseits der Naturschutzgedanke aus solcher Betätigung kräftige Anregung empfängt.

Ich halte es für wünschenswert, die aus der vorgeschlagenen Art der Betätigung photographischer Arbeitsgemeinschaften gewonnenen Aufnahmen der Allgemeinheit zugänglich zu machen. […]“

Berlin, den 22. Mai 1930 – Der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, H.11/ 1930, S. 178

Lichtbild und Schule

Literatur
Böttcher, Horst: Schulphotographie damals und heute. 22 Lehrbrief für audio-visuelle Kommunikation hrsg. vom Bundesgremium für Schulphotographie, Syke o. J.

1886 – Velocipedes und Photographie

In der neuesten Zeit bedienen sich zahlreiche englische Amateure und Touristen dreirädriger Velocipedes für photographische Excursionen; die Touren sollen dadurch unendlich erleichtert werden, und gegenwärtig werden zahlreiche diesbezügliche Velocipedes-Constructionen auf den Markt gebracht. Photo-Tricycle_Eder Die Moment Photographie 1886 S. 76

Der Gebrauch des Velocipedes ist besonders in England ein allgemeiner geworden und das Tricycle ist gegenwärtig ein Gegenstand des Vergnügens und der practischen Verwendung. Die Vervollkommnung und neue Verwendung desselben als ‚Photo-Tricycle‘ dient wohl mehr zum Vergnügen; jedoch wird sich wohl auch eine nützliche Seite abgewinnen alssen. Man muss dieser Verbindung von Photographie und rascher Reisegelegenheit eine geeignete Form geben und hierzu liegen mehrfache Versuche vor. […] Diese Neuerung ist in Amerika und England schon in Gebrauch und wird sich auch anderwärts bei den Liebhabern des Tricycle-Sports Eingang verschaffen, denn die Beschreibung derselben, wie der Cylist durch Wald und Flur eilt und die Schönheiten der Natur im Fluge geniesst und bei besonders anziehenden Gegenden Halt macht und das Bild ohne Mühe aufnimmt und Albums der durchfahrenen Strecken zur Erinnerung sammelt, klingen in der That verlockend. (Eder 1886, S. 75 – 77)

Abb. Photo-Tricycle von Rudge und Co, In: Eder 1886, S. 76

Literatur
Eder, Josef Maria [1886]: Die Moment-Photographie in ihrer Anwendung auf Kunst und Wissenschaft, Halle a. Saale: Wilhelm Knapp

1928 – Lexikon, Epidiaskop und Arbeitsunterricht

 Logo Neue Bahnen

 

„Die Zeit diktiert heut ein rasches Tempo; im Leben draußen, daheim, selbst in den stillen Schulräumen ist der Pulsschlag heut rascher, formt die Zeit schneller als früher. Da hilft kein Klagen und Trauern. All das hat seine Daseinsberechtigung, wie sie ehemals, aus ihren Zeiten heraus, die Stille einer Klosterschule hatte. Unsere Jugend lebt im Zeitalter der Automobile, des Radios, des Flugzeugs mit 100 km und mehr Stundengeschwindigkeit. Und wenn dem Jungen in der Schule bewußt oder unbewußt alle diese Dinge ferngehalten werden, dann wird sein Sinnen und Trachten nach der Schule um so mehr von ihnen gefangen genommen. Sie sind Ausdruck der Zeit, Charakteristika, Wesensarten, und ohne sie ist das Zeitbild falsch.“ (S. 380)

Die Zeit, so der Autor dieses Beitrags, erfordere also im Unterricht diesen Veränderungen Rechnung zu tragen. Der Weg über „das schnell laufende Filmband das unmittelbarste Leben der Jugend belehrend vor Augen“ zu führen, sei „für die meisten noch nicht gangbar“. Die früher üblichen „mehr oder minder gelungenen Anschauungstafeln“ seien „unvollkommen, schwerfällig und veraltet“. Eine Lösung böte sich an über „die Aufstellung einer Sammlung von Glasdiapositiven“.

 Epidiaskop

 

„Wer aber je dem Praktischen dieser Frage nähertrat, der weiß, mit welchen Schwierigkeiten und hohen Geldausgaben all dies verknüpft ist. Schon bei der Anschaffung eines guten Dia-Projektionsapparates entstehen die ersten Schwierigkeiten. Diese Hindernisse aber werden noch größer und erscheinen riesengroß, wenn man an den Ausbau eines solchen Lichtbildarchives geht. Die Glasdiapositive und auch die Filme sind kostspielig, leicht verderblich und darum von einer relativ kurzen Lebensdauer. Springen, Einreißen und Zerkratzen sind an der Tagesordnung und erschweren diese Arbeit. Da führt, wie die Erfahrung hier und an anderen Schulen lehrt, ein Mittelweg zu einem beachtenswerten Ziel. Eine vorbildliche Sammlung erstklassiger Anschauungsbilder, einfarbig und bunt, ist im neuzeitlichen Lexikon zu finden, sei es nun ein Lexikon von dieser oder jener Tendenz. Sie alle verfügen über viele Hunderte von Anschauungsbildern erster Zeichner, erster Künstler. Das Lexikon ist handlich übersichtlich geordnet, ist großzügig angelegt.
Falsch wäre es nun, diese Blätter, diese kleinen, 2 – 3 cm großen Bilder im Klassenzimmer herumzuzeigen oder von Schüler zu Schüler weiterzugeben. Hier hilft nun der Epidiaskopapparat, und auch nicht jeder.“ (S. 380

Hier folgen eine Warnung, dass bei bestimmten Apparaten die Bilder durch die von den Lampen ausgestrahlten Wärme beschädigt werden, Erläuterungen zu den unterschiedlichen Möglichkeiten der Auf- und Durchprojektion sowie Hinweise, wie es „durch die Hilfe der Schüler“ möglich sei, den Klassenraum schnell für die Projektion herzurichten.

„Jedenfalls ist diese Arbeit in unserer Schule, die Arbeit mit dem Lexikon, dem Projektionsapparat und der Pergamentfläche so positiv und produktiv, daß wir den Apparat schon in jedem Unterrrichtsfach, ob Heimatkunde oder Deutsch, Zeichnen oder Musik, brauchten, und dies recht oft, da Lehrer und Schüler fühlten, daß der so belebte Arbeitsunterricht nach jeder Seite hin ertragrecher war als der nur sachlich eingestellte.“ (S. 381)

 Bruno Zwiener: Lexikon, Epidiaskop und Arbeitsunterricht, in: Neue Bahnen – Reform-Zeitschrift für Erziehung und Unterricht, 39. Jg. H-8/1928, S. 380 – 381
Abb. Paul Ed. Liesegang: Die Projektions-Kunst und die Darstellung von Lichtbildern, Leipzig 1909, S. 139

1885 – Der photographische Hut

Photos für das touristische Skizzenbuch

 Photographischer Hut 1885

Das photographische Trockenverfahren, welches den Photographen von der Nähe einer chemischen Hexenküche unabhängig macht, ferner die Erfindung der mit einer lichtempfindlichen Bromgelatine-Schicht überzogenen Papptafeln, die dereinst vielleicht die theuren und schweren Glasplatten verdrängen werden, endlich die vielen Apparate zu schnellen Aufnahmen in Gestalt von Opernguckern, Gewehren und Pistolen – alle diese Momente haben der touristischen Photographie, wie wir sie nennen möchten, einen ungeheuren Aufschwung gegeben. Es vermögen jetzt Reisende, Künstler, Berichterstatter, Gelehrte und Militärs ohne weitere Vorkenntnisse und ohne sonderliche Mühe die interessanten Gegenstände, die sich ihnen auf ihren Wanderungen darbieten, sofort photographisch zu fixiren. Die lichtbeschienenen Platten nehmen sie mit noch Hause, und sie lassen dieselben alsdann von einem geübten Photographen in Ruhe entwickeln, bezw. vergrößern, falls sie es nicht vorziehen, das Geschäft höchsteigenhändig zu besorgen. Den Bedürfnissen den touristischen Photographen kommt der vorstehend abgebildete, von dem Belgier J. de Reck erfundene photographische Hut noch mehr entgegen, als die oben erwähnten vervollkommneten Apparate. Derselbe besteht, wie ersichtlich, aus einem gewöhnlich Filzhut, welcher einen Miniaturapparat zu photographischen Aufnahmen in seinem oberen Theile birgt. Die Linse des Apparats liegt der kleinen Oeffnung H. gerade gegenüber, die nichts Auffälliges hat, da man an Hüten vielfach ein Luftloch anbringt. Ebenso wenig auffällig ist die Schnur C. mit welcher der Tourist den Verschluß des Apparates nach erfolgter Aufnahme bewirkt, und die vorn an der Krempe angeordnete Lorgnette L, deren Glas bis auf das Mittelquadrat B. geschwärzt ist, und welche den auf die Platten festgebannten Gegenstand angiebt. Sehr schöne Bilder wird man freilich mit diesem Apparate nicht erhalten; doch dürften sie nicht allzu hohen Ansprüchen genügen. Die Aufnahmen sollen ja nur gewissermaßen das Skizzenbuch ersetzen.

G. van Muyden – Die Gartenlaube Heft 46/1885, S. 771

1911 – Die Brieftaube als Spion

Brieftaube mit Fotoapparat

Die Brieftauben-Photographie im Dienste der militärischen Aufklärung – mehr

Warum fliege Brieftauben an ihren Herkunftsort zurück?
„Die monogamen und fortpflanzungsfreudigen Tiere kehren nicht zu ihrem Herrn oder ihrer Herrin zurück, sondern nach Hause, zu ihrem Weibchen. Auch die Weibchen fliegen zu ihren Männchen zurück, aber sie fliegen nur richtig gut, wenn sie zuhause Eier oder Junge haben. Männchen rasen schon dann, wenn sie ein Weibchen haben, von dem sie getrennt werden.“

Ansgar Häfner: Das Sehnsuchtstier, S. 96, in: Klaus Beyrer u. Hans-Christian Täubrich (Hrsg.): Der Brief. Eine Kulturgeschichte der schriftlichen Kommunikation. Eine Publikation der Museumsstiftung Post und Telekommunikation, 1996

Lille: Ein Denkmal für die Militärtauben des Ersten Weltkriegs

Projektion von Fotografien vor Gericht zur „Findung der materiellen Wahrheit“

Demonstration gerichtlicher Photographien mit Laterna Magica auf dem Kongreß von Freunden der Lichtbildkunst – Berlin 1890
[Die Demonstration] lieferte ebenso überraschende wie überzeugende Beweise für die Wichtigkeit photographisch-mikroskopischer Aufnahmen zur Feststellung von Schuld oder Unschuld von Angeklagten. Als erstes Bespiel führte der Herr Redner folgenden Gerichtsfall vor, zu welchem er auf der Projektionsscheibe das vergrößerte Bild eines Haares erscheinen ließ. In einer Untersuchung wegen Mordes sei ihm dies Haar zur Untersuchung eingesandt worden; er habe gefunden, daß es alle Markmale eines ergrauten männlichen Barthaares an sich trage; es gehörte einem alten Scherenschleifer an, welcher des Mordes verdächtig wurde. Zum Vergleich mit diesem Barthaar war dem Herrn Vortragenden ein zweites Haar zugesandt; dasselbe war an der Ermordeten gefunden worden. Die Untersuchung ergab, daß es das Haar eines Säugethiers war, worauf die demselben eigenthümlich große Marksubstanz hinwies. […] Der Verdächtige wurde darauf hin in Freiheit gesetzt. Nach längerer Zeit wurde ein anderer Mann wegen Verdachtes an demselben Morde eingezogen; derselbe hatte einen Hund mit allen eben bezeichneten Eigenschaften; […] (Berliner Tageblatt. Erstes Beiblatt vom 1. Oktober 1890)

Endzweck der Photographie im Strafverfahren ist […] ganz erreicht, wenn sie schließlich im Gerichtssaale dazu dient, um als ein untrüglicher und neuer Faktor mit zur Findung der materiellen Wahrheit beizutragen.”[1]

Die Photographie als Hilfsmittel der Polizei und Justiz zur Findung der materiellen Wahrheit pdf


Das Silhouettenschneiden – Mode mit Beigeschmack?

Graf Étienne de Silhouette (1719 bis 1767), Finanz- und Sparminister unter Ludwig  XV., ist Liebhaber, aber nicht Erfinder des nach ihm benannten Schattenbildes. „À la silhouette“ – daran haftete ursprünglich die Vorstellung von Ärmlichkeit und Billigkeit. Bald entwickelte sich das Silhouettenzeichnen und -sammeln zur Mode.  Dazu trug nicht unwesentlich der Schweizer Johann Caspar Lavater (1741 – 1801) bei.
Lavater wurde durch seine „Physiognomischen Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe“ (1775–78) bekannt , in denen er Anleitung gab, verschiedene Charaktere anhand der Gesichtszüge und Körperformen zu erkennen. Mit dieser Theorie der Physiognomik trug er wesentlich zur Popularität des Schattenrisses in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Deutschland bei.
Nach Lavater lassen die veränderlichenTeile des Gesichts – der Mund, die Lippen, die Gesichtsmuskeln – keinen Rückschluss auf den Charakter eines Menschen zu. Sie bieten Möglichkeiten sich zu verstellen.  Lavater ging davon aus, dass
„… eine verlässliche Auskunft über den menschlichen Charakter nur durch das von Gott verliehene unveränderliche Material, also seine Knochenstruktur, nicht etwa seine ‚Befleischung‘ “ zu erhalten sei (Lavater, Physiognomische Fragmente, S. 132).  Das ideale Medium zur Darstellung der „Knochenstruktur“ eines lebenden Objekts war für Lavater der Schattenriss : „Die Physiognomik hat keinen zuverlässigeren, unwiderlegbarern Beweis ihrer objektifen Wahrhaftigkeit als die Schattenrisse.“ (ebd. S. 248)

Lavaters Vorrichtung zum Abzeichnen von Silhouetten
Als historische Kuriosität zeigen wir eine Vorrichtung, über die früher viel gesprochen wurde, die großen Erfolg hatte und die die Aufmerksamkeit von Wissenschaftlern und Physiologen auf sich zog, gegenwärtig jedoch überhaupt nicht mehr in Gebrauch ist. In seinem berühmten Werk über Physiognomie beschreibt Lavater das genau arbeitende und praktische Gerät zum Silhouettenzeichnen. Der Stich gibt die Vorrichtung so gut wieder, dass es unnötig ist, sich auf eine detaillierte Beschreibung einzulassen.
Nach Lavaters Auffassung kann eine Silhouette im Prinzip nach Länge und Breite des Gesichtes beurteilt werden. Zur Unterstützung dieser Beobachtung führt Lavater eine Reihe exemplarischer Silhouetten vor und hebt mit Nachdruck die Schlüsse hervor, die er aus ihrer Untersuchung zieht. Wir zeigen fünf dieser Beispiele.

In Nr. 1 erkennt Lavater eine aufrechte Seele, ein ausgeglichenes Gemüt, Geschmack und Offenheit.
Bei Nr. 2 sind die Umrisse der Nase ein untrügliches Merkmal für einen guten Charakter.
In Nr. 3 sehen wir ein Beispiel für klare Urteilskraft.
Die Wissenschaft der Physiognomie erscheint uns kindisch. Vielleicht stellt sie einen angenehmen Zeitvertreib dar. Aus wissenschaftlicher Sicht ist sie nicht mehr als dies. Dennoch erzielte Lavater große Erfolge in Europa. Viele Personen strömten nach Zürich, um den berühmten Philosophen zu sehen und ihn nach den Geheimnissen ihres Charakters, ja sogar ihres Schicksals zu befragen.(Auszüge aus einem Artikel in: Scientific American 16.04.1881, S. 249)