1928 – Lichtbildarbeitsgemeinschaften in Preußen

In der Diskussion um die Rolle der Schulphotographie in den 1920er Jahren Lichtbildarbeitsgemeinschaft Agfatauchen Argumente, Probleme und Initiativen auf, die in mancher Hinsicht an aktuelle Diskussionen erinnern. Dies gilt nicht nur für die reformpädagogische Leitidee, die zur Einrichtung von Arbeitsgemeinschaften und damit auch zu Lichtbildarbeitsgemeinschaften führte: „Nur was erarbeitet ist, das besteht und wirkt. Das Wissen muß auch einmal Problem gewesen sein und aus ein Wollen heraus selbstgestecktes Ziel.“ (Gläser 1920 – zitiert nach Böttcher o. J., S. 7)

Wenn es um Medien und Schule geht, gibt es offensichtlich unvermeidliche Klagen. Geklagt wurde schon um 1920 über die mangelnde technische Ausstattung der Schulen, über unzureichende technische und inhaltliche Kompetenzen der Lehrkräfte sowie über fehlende Fortbildungsangebote. Daneben tauchte die Forderung nach einem eigenen Schulfach bzw. nach Einführung von speziellen Lehrgängen auf. Doch ein fächerintegrativer Ansatz, der über die Naturwissenschaften hinaus Deutsch, Geschichte und Kunst einschloß, setzte sich, sofern die Fotografie überhaupt Eingang in die Lehrpläne fand, durch. Als zusätzliches Argument für die Beschäftigung mit der Fotografie diente der Hinweis auf die Verwertbarkeit fotografischer Kenntnisse im späteren Berufsleben.

Aktiv unterstützt wurden die Bestrebungen zur Förderung der „Schulphotographie“ von der Industrie, hier in erster Linie von AGFA. So wurden Wettbewerbe ausgeschrieben, erhielten hervorragende Schüler Box-Kameras als Prämie und AGFA stattete alle Schulen flächendeckend mit jeweils mehreren Fotoapparaten aus. AGFA ergriff auch inhaltlich die Initiative und veröffentlicht 1929 ein „Stoffplan für die photographische Unterweisung in den Lichtbildarbeitsgemeinschaften.

Lichtbildarbeitsgemeinschaften
Lichtbildbeitsgemeinschaften für Schüler und Schülerinnen

Da seit einiger Zeit die praktische Betätigung von Schülern und Schülerinnen auf dem Gebiet der Photographie einen größeren Umfang annimmt, erscheint es angebracht, daß die berufenen Kreise diese sehr zu begrüßende Bewegung in richtige Bahnen lenken. An einigen Schulen ist man dazu übergegangen, die photographierenden Schüler und Schülerinnen zu sogenannten Lichtbildarbeitsgemeinschaften zusammenzufassen, in denen die Beteiligten neben einer ästhetischen Schulung eine photographische Ausbildung erhalten, damit sie gegebenfalls in der Lage sind, ihre photographische Kunst in den Dienst der ganzen Schule zu stellen. In gemeinsamer Arbeit von Lehrern und Schülern werden die Lichtbildsammlungen ergänzt oder zum Teil für die Sondergebiete neu geschaffen. Eine derartige Selbstherstellung von Lichtbildern jeder Art bietet auch erhebliche wirtschaftliche Vorteile, die bei der schwierigen finanziellen Lage der Schulen noch mehr ausgenutzt werden müssen. Die photographische Arbeitsgemeinschaft ist abwechselnd an die hierfür geeigneten Fächer anzugliedern, damit eine phototechnische Unterweisung der daran interessierten Schüler ständig stattfindet. […]

Berlin, den 9. Juli 1928 – Der Minister für Wissenschaft, Kunst u. Volksbildung, H. 15/ S. 244

LichtbildarbeitsgemeinschaftenHeimatphotographie

Es ist bei mir angeregt worden, bei der praktischen Betätigung der Schüler und Schülerinnen auf dem Gebiet der Photographie auch das Gebiet der Heimatphotographie heranzuziehen. […] Es wird sich hierbei zunächst darum handeln, das wertvolle Heimatgut, das die Natur darbietet, in Form von technisch einwandfreien und ästhetisch befriedigenden Aufnahmen zu bergen. Als Gegenstände der photographischen Erfassung kämen in erster Linie die in der engeren Heimat vorhandenen Naturdenkmäler in Betracht, vor allem ehrwürdige Baumgestalten, erratische Blöcke und andere Einzelschöpfungen der Natur von Naturdenkmalwert. Bei einer solchen Zielsetzung würde in gemeinsamer Tätigkeit gewissermaßen zwangsläufig die Inventarisierung der Naturdenkmäler der Umgebung des Schulortes durchgeführt werden.

Kamera und NaturschutzWeiter wären charakteristische Züge der heimatlichen Natur, wie Waldstücke, Gebüschgruppen, Felsgebilde, Flußufer, Flußschlingen, Altwässer, Moore, Seen, Teiche, Dünen und vieles andere, photographisch zu meistern. Auch typische Pflanzengesellschaften und Einzelpflanzen sowie Tiere und ihre Bruten bieten eine Fülle von Objekten dar, an denen die photographische Kunstfertigkeit geübt werden kann.

Es ist zu erwarten, daß diese Art der photographischen Betätigung einmal zu einer sehr ersprießlichen Zusammenarbeit verschiedener Fächer führt, und daß andererseits der Naturschutzgedanke aus solcher Betätigung kräftige Anregung empfängt.

Ich halte es für wünschenswert, die aus der vorgeschlagenen Art der Betätigung photographischer Arbeitsgemeinschaften gewonnenen Aufnahmen der Allgemeinheit zugänglich zu machen. […]“

Berlin, den 22. Mai 1930 – Der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, H.11/ 1930, S. 178

Lichtbild und Schule

Literatur
Böttcher, Horst: Schulphotographie damals und heute. 22 Lehrbrief für audio-visuelle Kommunikation hrsg. vom Bundesgremium für Schulphotographie, Syke o. J.

1928 – Lexikon, Epidiaskop und Arbeitsunterricht

 Logo Neue Bahnen

 

„Die Zeit diktiert heut ein rasches Tempo; im Leben draußen, daheim, selbst in den stillen Schulräumen ist der Pulsschlag heut rascher, formt die Zeit schneller als früher. Da hilft kein Klagen und Trauern. All das hat seine Daseinsberechtigung, wie sie ehemals, aus ihren Zeiten heraus, die Stille einer Klosterschule hatte. Unsere Jugend lebt im Zeitalter der Automobile, des Radios, des Flugzeugs mit 100 km und mehr Stundengeschwindigkeit. Und wenn dem Jungen in der Schule bewußt oder unbewußt alle diese Dinge ferngehalten werden, dann wird sein Sinnen und Trachten nach der Schule um so mehr von ihnen gefangen genommen. Sie sind Ausdruck der Zeit, Charakteristika, Wesensarten, und ohne sie ist das Zeitbild falsch.“ (S. 380)

Die Zeit, so der Autor dieses Beitrags, erfordere also im Unterricht diesen Veränderungen Rechnung zu tragen. Der Weg über „das schnell laufende Filmband das unmittelbarste Leben der Jugend belehrend vor Augen“ zu führen, sei „für die meisten noch nicht gangbar“. Die früher üblichen „mehr oder minder gelungenen Anschauungstafeln“ seien „unvollkommen, schwerfällig und veraltet“. Eine Lösung böte sich an über „die Aufstellung einer Sammlung von Glasdiapositiven“.

 Epidiaskop

 

„Wer aber je dem Praktischen dieser Frage nähertrat, der weiß, mit welchen Schwierigkeiten und hohen Geldausgaben all dies verknüpft ist. Schon bei der Anschaffung eines guten Dia-Projektionsapparates entstehen die ersten Schwierigkeiten. Diese Hindernisse aber werden noch größer und erscheinen riesengroß, wenn man an den Ausbau eines solchen Lichtbildarchives geht. Die Glasdiapositive und auch die Filme sind kostspielig, leicht verderblich und darum von einer relativ kurzen Lebensdauer. Springen, Einreißen und Zerkratzen sind an der Tagesordnung und erschweren diese Arbeit. Da führt, wie die Erfahrung hier und an anderen Schulen lehrt, ein Mittelweg zu einem beachtenswerten Ziel. Eine vorbildliche Sammlung erstklassiger Anschauungsbilder, einfarbig und bunt, ist im neuzeitlichen Lexikon zu finden, sei es nun ein Lexikon von dieser oder jener Tendenz. Sie alle verfügen über viele Hunderte von Anschauungsbildern erster Zeichner, erster Künstler. Das Lexikon ist handlich übersichtlich geordnet, ist großzügig angelegt.
Falsch wäre es nun, diese Blätter, diese kleinen, 2 – 3 cm großen Bilder im Klassenzimmer herumzuzeigen oder von Schüler zu Schüler weiterzugeben. Hier hilft nun der Epidiaskopapparat, und auch nicht jeder.“ (S. 380

Hier folgen eine Warnung, dass bei bestimmten Apparaten die Bilder durch die von den Lampen ausgestrahlten Wärme beschädigt werden, Erläuterungen zu den unterschiedlichen Möglichkeiten der Auf- und Durchprojektion sowie Hinweise, wie es „durch die Hilfe der Schüler“ möglich sei, den Klassenraum schnell für die Projektion herzurichten.

„Jedenfalls ist diese Arbeit in unserer Schule, die Arbeit mit dem Lexikon, dem Projektionsapparat und der Pergamentfläche so positiv und produktiv, daß wir den Apparat schon in jedem Unterrrichtsfach, ob Heimatkunde oder Deutsch, Zeichnen oder Musik, brauchten, und dies recht oft, da Lehrer und Schüler fühlten, daß der so belebte Arbeitsunterricht nach jeder Seite hin ertragrecher war als der nur sachlich eingestellte.“ (S. 381)

 Bruno Zwiener: Lexikon, Epidiaskop und Arbeitsunterricht, in: Neue Bahnen – Reform-Zeitschrift für Erziehung und Unterricht, 39. Jg. H-8/1928, S. 380 – 381
Abb. Paul Ed. Liesegang: Die Projektions-Kunst und die Darstellung von Lichtbildern, Leipzig 1909, S. 139